Der Arnstädter "Riesenlöffel"

nweit von Arnstadt, nahe der Quelle Kesselbrunnen, steht ein alter, mächtiger, 2, 25 Meter hoher Bildstock, der weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Wohl aus Seeberger Sandstein, aus einem Stück, gefertigt, heißt er bei den Arnstädtern einfach "Riesenlöffel". Das tabernakelartige Oberteil mit der großen, spitzbogigen Nische steht auf einem im Querschnitt viereckigen, abgefasten Schaft. Die obere wie auch die untere, kleinere und ebenfalls spitzbogig ausgehauene Nische (die vielleicht der Aufnahme des "ewigen" Lichtes diente) weisen Dübellöcher auf, die wahrscheinlich von Verschlüssen (Gitter ?) herrühren. In der großen Nische hatte wahrscheinlich eine Monstranz ihren Platz, möglicherweise aber nur vorübergehend, während der Flurprozessionen.

Eine solche ist für das Jahr 1507 belegt. Über diese St. Markus- Prozession ist folgendes überliefert: "Wenn man an die erste am Kesselbrunnen befindliche Monstranznische, wurde das in einer Monstranz befindliche Sakrament in diese gesetzt, der vorgeschriebene Kultus dabei beobachtet und dann weiter die Flur umgangen." 1652 heißt eine Flurbezeichnung "(...) am Kesselbrun bey dem Langen steine (...)" womit sicher unser 2, 25 Meter hoher Bildstock gemeint gewesen ist. Der Name "Riesenlöffel" entstammt möglicherweise der Zeit der Romantik Anfang des 19. Jh. Und kein geringerer als der Sagensammler und Märchendichter Ludwig Bechstein (1801-1860), der zwischen 1818 und 1824 Lehrling und Gehilfe in der Apotheke "Unter der Galerie" in Arnstadt war, hat uns den Namen "Riesenlöffel" für dieses interessante steinerne Bodendenkmal überliefert. Bechstein bestätigt die Überlieferung im Volksmund: "Die dunkle Sage ist längst verhallt, aber ohnweit einer gesunden, kühlenden Quelle, welche der Kesselbrunnen genannt wird, steht noch der hohe Stein, von Alt und Jung im Volke der Riesenlöffel genannt." Der 22jährige Bechstein veröffentlichte 1823, also noch während seiner Arnstädter Zeit, ein Märchen mit dem Titel "Der Riesenlöffel", das heute vergessen ist.

Der "Riesenlöffel" wurde 1971 von sowjetischen Panzern umgefahren und lag, in drei Teile zerbrochen, bis zum 15. Okt. 1982 im Garten des Schloßmuseums Arnstadt, wohin er 1972 verbracht worden war. An diesem Tag stellten ihn engagierte Bürger im Garten des Schloßmuseums Arnstadt nahe dem Südflügel auf. Im Zusammenhang mit dringend nötigen Rekonstruktionsarbeiten in diesem Bereich entfernte man den Bildstock und brach ihn dabei wieder in drei Teile.
Am Himmelfahrtstag 1993 entschlossen sich Mitglieder des Altstadtkreises Arnstadt und des Thüringer Geschichtsvereins Arnstadt, das interessante Bodendenkmal Bildstock "Riesenlöffel" am ursprünglichen Standort wieder aufzustellen. Und zwar ein Jahr später, am Himmelfahrtstag, am 12. Mai 1994. Thüringer Geschichtsverein Arnstadt e. V., Altstadtkreis Arnstadt e. V. und die Werkstatt am Kesselbrunn des Marienstiftes Arnstadt sorgten mit der Unterstützung des Bauhofs der Stadtverwaltung dafür, daß das Original des "Riesenlöffel" wieder an seinen alten Standort an der Haarhäuser Straße zurückkehren konnte. Ein nicht unumstrittenes Unterfangen, zumal verschiedene Leute meinten, eine Kopie vom wertvollen Original anfertigen zu lassen. Wegen des guten Erhaltungszustandes des Originals entschieden sich die Organisatoren gemeinsam mit den Denkmalbehörden für die Wiederaufstellung des "Riesenlöffel"- Originals.

Der "Riesenlöffel" ist als Bodendenkmal in Thüringen wegen der sagenhaften Nennung schon einmalig. Andere Bildstöcke, bspw. im Gothaer Gebiet, tragen derartige Bezeichnungen nicht. Mag sein, daß alle "Riesenlöffel"- Überlieferungen auf Bechstein zurück gehen. Im Rheinländischen gibt es statt der "Riesenlöffel" -die "Schöpflöffel"- Variante (*1).

Peter Unger (Archivar)
Kontakt:  Peter Unger
WEB: www.wapuklo.de
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(*1) Ich danke Herrn Frank Störzner (Kleinmölsen bei Erfurt) für die freundliche Information.
Fotos: Peter Unger

Der oben stehehende Beitrag wurde übernommen aus der No. 34 der
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