Eichfeld
atürlich meine ich "das Eichfeld" und eben nicht "das Eichsfeld", wie mancher Arnstädter diese einsame Hochfläche oberhalb des Jonastales zwischen Arnstadt und Bittstädt auch zu bezeichnen pflegt. Das "Eichsfeld" liegt weiter nördlich und bezeichnet einen Landstrich, dessen Teile südlich des Harzes sowohl in thüringischem wie auch in niedersächsischem Gebiet liegen. So weit zur Klarstellung. Ich "kümmere" mich also um das "Eichfeld" bei Arnstadt. |
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Der Trübsinn des alljährlichen Frühherbstes muß sich gerade hier breit gemacht haben, als ich wieder einmal "aufs Eichfeld" fahre. Als hätte ich die Tristess gesucht! Dabei wäre der Aufenthalt an einem Sommertag sicher angenehmer gewesen. Und vielleicht auch einfacher zu ertragen, denn die "graue" Jahreszeit läßt einen gerade hier oben einmal mehr erschauern. Noch dazu, wenn man meint, um Geheimnisvolles in dieser Gegend Bescheid zu wissen. Dieser vorsichtig formulierte Satz soll den Leser nicht etwa "ver"stimmen, sondern ihn vielmehr "ein"stimmen auf eine landschaftlich reizvoll-herbe Gegend mit einer wechselvollen Geschichte, von welcher ich im folgenden kurz berichten möchte. |
Vielleicht wegen
der einsamen Lage auf der weitläufigen Hochfläche ließ
das hier bis 1978 gelegene sogenannte "Vorwerk"
mich schon von Kindheit an beklommen sein, wenn ich hier
bei Wanderungen mit Mitschülern oder, als
"Stift" einsam auf dem Rad, hier vorbeikam. Die
Örtlichkeit hatte ihren Reiz: das Wohnhaus am Feldweg
mit den dahintergelegenen Stallungen. Ihm gegenüber der
weidenumstandene Teich, in dem merkwürdigerweise auf
dieser verkarsteten Hochfläche trotzdem Wasser stand.
Und die verwilderten Obstgehölze hier oben ... Die
Zwetschgen sind besonders köstlich- heute noch. Auf dem "Eichfeld" steht der Obere Muschelkalk an, dessen Fossilien etwa 25 Millionen Jahre alt sind. Hier kann man mit etwas Glück auch Ammoniten (Ceratides nodosus) finden. Und kurz nachdem ich Franks Söhnen über diese Möglichkeit berichtete, konnte ich vom gerade umgepflügten Ackerboden das Bruchstück eines solchen "Ammonshornes", wie sie im Volksmund genannt werden, aufheben. Siehe, das Finderglück schien mir hold zu sein. Lauthals verkündete ich meinen Fund, doch bereits kurze Zeit später konnte Alex mit einem wunderschönen weiterem Exemplar aufwarten, dem gleich darauf ein ebenso prächtiges Stück folgen sollte. Da wurde ich kleinlaut, schmunzelte in mich hinein und freute mich mit Alex. |
Ammoniten wollte ich auf den Äckern des "Eichfeldes" diesmal gar nicht suchen, sondern: Scherben. Nicht irgendwelche, nein, mittelalterliche Keramik, die vom Hausrat übrigblieb, den Siedler hier oben im 13./ 14. Jh. hinterlassen haben könnten. |
Selbige lebten in einem 1273 erstmals, allerdings in jenem Jahr als "wüst" bezeichneten Dorf "Eychenveld"(1.), also "Eichfeld", das bis zum heutigen Tag namengebend für diese Muschelkalk- Hochfläche westlich von Arnstadt wurde. | |
Ob das von Kevernburger Grafen wegen der Auseinandersetzungen um die Vormachtstellung in Arnstadt übel mitgenommene Dörflein danach wieder aufgebaut wurde, ist ungewiß. Jedenfalls war in einer Urkunde vom 24. Febr. 1322 noch von 11 Hufen Land im Felde "(...) czu Eychinveld" die Rede und vom dort noch gelegenen Dorf(2.). Damals hatte Eichfeld noch existiert. 1411 nannte man es dann "Eichinfeilt, das wuste dorf" und fast einhundert Jahre später sind in einer überlieferten Rechnung des Amtes Arnstadt von 1420 noch sieben Zinspflichtige mit Feldbesitz in "Eichinfelt" verzeichnet(3.). Das Dorf scheint es damals nicht mehr gegeben zu haben, doch nutzte man das Gelände auch späterhin landwirtschaftlich. |
1616 errichtete man anstelle eines Vorgängerbaues(4.) mit gräflich- schwarzburgischer Erlaubnis hier oben in der Einöde ein Freilehngut (Vorwerk), die sogenannte "Eichburg". Der jeweilige Pächter hatte für die Bestellung der Äcker und für zahlreiche Schafe zu sorgen, weshalb das Vorwerk auch als "Schafstall" bezeichnet wurde. |
Es war sicher nicht leicht für die Pächter und ihre Familien, in der Abgeschiedenheit den Alltag zu bestreiten. Ganz abgesehen von vagabundierenden Gesindel, das nicht nur während der Kriegszeiten die Bewohner solch einsamer Orte mit Vorliebe heimsuchte. Groß war auch die Furcht vor Feuersbrünsten. So kam am 28. Mai 1834 hier Feuer aus, "(...) welches sämmtliche Gebäude nebst 5 Stück Rindvieh, ein Pferd und 700 Lämmer verzehrte, und am 16. Februar 1836 brannten abermals drei Scheuern, sämmtliche Stallungen und das obere Stockwerk des Wohnhauses ab (...)"(5.). 1842 kaufte die fürstlich-schwarzburgische Kammer das zwischenzeitlich privatisierte Gut zurück und landwirtschaftlichen Zwecken diente die "Eichburg" bis zum Abbruch im Jahre 1978.
Der soll
übrigens damals auf Betreiben der Sowjetarmee erfolgt
sein, die ja um Arnstadt (Truppenübungsplatz Ohrdruf
oder Garnison Rudisleben) jahrzehntelang
allgegegenwärtig war. Und deren Hinterlassenschaften
auch im Gelände des "Eichfeldes" vielen noch
in Erinnerung sind (z. B. Funkanlage am
"Pfennigsberg"). Unterirdische Anlagen, die
immer etwas besonders Geheimnisvolles verkörpern, kann
man im Bereich "Rote Hütte" finden. So "spazierte" ich kürzlich durch die dort gelegene und mir bis dahin unbekannte Bunkeranlage "Rote Hütte"... Im Internet vorerst, unter www.jonastal.com/ROTE! |
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Bevor wir das "Eichfeld" verließen, blickten Frank, seine Söhne und ich noch vom "Wüsten Berg" ins "Jonastal". Stille schien heraufzukriechen über die Muschelkalkhänge. Auch als es zu regnen begann. Wir verharrten einen Moment und hörten in diese Stille hinein... |
Peter Unger (Archivar) Kontakt: Peter Unger WEB: www.wapuklo.de ________________________________________ (1.) Burkhardt, C. A. H.: Urkundenbuch der Stadt Arnstadt 704-1495 (1496). Jena 1883, S. 20. (2.) a.a.O., S. 53. Anmer (3.) Kreisarchiv Arnstadt, Bestand Stadt Arnstadt, Sig. 954-02, Erbbuch des Amtes Arnstadt 1420 ff., S. 24. (4.) Ausführungen dazu würden den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Angaben dazu beim Verfasser. (5.) Apfelstedt, H. F. Th.: Heimathskunde für die Bewohner des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen, 2. Heft, Sondershausen 1856, S. 77. Fotos: www.tuckerland.de |
Der oben stehehende Beitrag wurde übernommen aus der No. 52 der
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