Steinkreuze bei Dienstedt und Ellichleben (Ilmkreis)
n einem novembergrauen Samstagnachmittag begaben wir uns wieder einmal auf Steinkreuzexkurs! Er führte uns diesmal in den östlichen Altkreis Arnstadt an die Ilm. Zunächst vergewisserten wir uns, ob das Steinkreuz nahe Ellichleben noch stand. Über die einsame Landstraße brachte uns der NIVA an den von ihr in einer Linkskurve südöstlich nach rechts abzweigenden Feldweg hinter Ellichleben, Richtung Dienstedt. Hier fanden wir nach ca. 250 Metern das Kreuz unversehrt am Wegesrand unterm Gesträuch stehen. Im ersten Moment hätte man es glatt übersehen können, denn im Verlauf der Jahre war es mit einem leichten Moospelz, ähnlich der dabei stehenden, dünnen Strauchstämmchen, überzogen worden.
Beim Ellichlebener Steinkreuz
(I) handelt es sich um ein leicht maltheser- kreuzförmiges, aus Sandstein gefertigtes Exemplar, 70 cm hoch, 70 cm breit und 24 cm stark(II). Es steht im Bereich der mittelalterlichen Ortswüstung Meichlitz, die 1330 urkundlich erwähnt und wohl Mitte des 15. Jh. verlassen wurde(III). Das Kreuz soll die Stelle bezeichnen, an der die Kirche dieses Ortes stand(IV). Der Volksmund nannte es auch "Schwedenkreuz" oder "Franzosenkreuz"(V), wohl in Anlehnung an den 30jährigen Krieg 1618- 1648 bzw. an die Befreiungskriege 1806- 1813. Nach der Überlieferung älterer Einwohner wäre beim Steinkreuz ein Schäfer vom Blitz erschlagen worden(VI). Im Ursprung handelt es sich wohl um ein mittelalterliches Sühnekreuz, auch wenn dies im konkreten Fall nicht nachweisbar ist.

Zurück gekehrt zur Landstraße, fuhren wir jetzt in Richtung Dienstedt, wo sich am westlichen Ortsrand, 30 m nördlich der genannten Straße, ein weiteres Steinkreuz befindet(VII). Es wurde 1982 durch den Dienstedter Heimatforscher F. Gebser 150 m südlich des jetzigen Standortes entdeckt, wo es lange Zeit als Zaunspfeiler diente (Arme im Erdreich). Seine Aufstellung erfolgte durch F. Gebser im Nov. 1982. Das verstümmelte und stark verwitterte, wohl lateinische Kreuz fertigte man aus Sandstein. Seine Gesamtlänge beträgt 150 cm; die Höhe jetzt 115 cm, Breite 55 cm und die Stärke 20 cm(VIII). Es könnte sich um ein ca. 1610 erwähntes Kreuz handeln, von dem es in einer Quelle im Staatsarchiv Rudolstadt heißt: "(...) von der Mühle hinaus an der Strasse, wo uff Elchleben gehet, hat vor Zeiten ein Creutz an einem Garten gestanden, das Hoyers Creutz (hervorgehoben v. Vf.) genannt, den Garten hat Hans Rohr der Müller."(IX)

In der Ortlage Dienstedt kann sich der Interessierte an einem weiteren Steinkreuz erfreuen, welches jetzt neben dem Waidstein in der parkähnlichen Anlage an der Ilm steht. Bis 1960/ 61 befand es sich 2, 5 km nordöstlich des Ortes an der Gemarkungsgrenze Dienstedt (Ilmkreis)/ Rittersdorf (Kr. Weimarer Land) in den Flurbereichen Wachtelberg/ Hexenacker(X). Das umgeworfene und zerbrochene Denkmal stellte F. Gebser sicher, setzte es instand und stellte es vor dem Gasthaus "Zum Löwen" nahe der nach Kranichfeld führenden B 87 auf. Es wurde aus Kalkstein gefertigt, zeigt, ungleichmäßig, die lateinische Kreuzform, ist 100 cm hoch, 76 cm breit und 19 cm stark. Auf dem Scheitel des Kopfes befindet sich eine Grenzkerbe, die daran erinnert, daß "das grosse steinerne Creutz"(XI) am ursprünglichen Standort "uff des Ramselbergs Ebene fort nach der Körnerstrasse (...) ein Ehrensteinisch Gerichts- und Dienstedter Flurstein (gewesen) ist."(XII)


In den Flurzugsakten der Gemeinde Dienstedt heißt es, bezogen auf den alten Standort: "Ist ein Linienstein sehr groß mit einem Kreuz in Schuhmanns Holze aus Rittersdorf. Man spricht von diesem Steine daß derselbe noch aus alten Zeiten her röhre, wo unsere Groß ältern ihren Gott angebetet hätten."
(XIII) Man soll es zum Gedenken an eine tote Hexe errichtet haben. Nach anderer Überlieferung handelt es sich um ein Erinnerungskreuz für eine gütige Großmutter, die hier der Tod ereilt haben soll(XIV).

Peter Unger
(Archivar)

Kontakt:  Peter Unger
WEB: www.wapuklo.de
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(I) Meßtischblatt 5132 (Marlishausen): H 30 060; R 40 460 (nach Anm. 2).
(II) Störzner, F.: Steinkreuze in Thüringen- Katalog Bezirk Erfurt. Weimar 1984, S. 20.
(III) Lappe, U.: Wüstungen im Kreis Arnstadt. In: Aus der Vergangenheit von Arnstadt und Umgebung. 4. Heft. Arnstadt 1994, S. 80.
(IV) Unger, P.: Sagen und Überlieferungen zu Steinkreuzen im Kreis Arnstadt. In: Urgeschichte und Heimatforschung 19. Weimar 1982, S. 50. Nach Mitteilung des Dienstedter Heimatforschers F. Gebser (1907-1981) hat das Steinkreuz mit der Wüstung Meichlitz nichts zu tun. Die Kirche dieses Ortes stand etwa 250 m nördlich des Standortes (wie Anm. 2).
(V) Köber, H.: Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens. Erfurt 1960, S. 32.
(VI) Wie Anm. 4.
(VII) Wie Anm. 1: H 30 490; R 41 150.
(VIII) Wie Anm. 2.
(IX) Schriftl. Mittlg. v. F. Gebser an den Vf. v. 7. 2. 1977, der andere Archivquelle nannte, als F. Störzner (wie Anm. 2).
(X) Meßtischblatt 5133 (Kranichfeld): H 30 720; R 43 770 (nach Anm. 2, S. 19).
(XI) Wie Anm. 9 (mit Quellenangabe im Staatsarchiv Rudolstadt).
(XII) Wie Anm. 11.
(XIII) Quelle wie Anm. 4.
(XIV) Wie Anm. 13.
Fotos: www.tuckerland.de (Astrid Lubig)

Der oben stehehende Beitrag wurde übernommen aus der No. 67 der
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