Zum
Inhalt des Jacobsturmknopfes m 3. Oktober 1991 wurde im Zusammenhang mit der umfassenden Reparatur des Jacobsturmes der Turmknopf abgenommen. Die mit Spannung erwartete Öffnung des Knopfes brachte eine Metallhülse und eine Schachtel aus Kupfer zu Tage, welche Dokumente aus den Jahren 1633, 1659, 1759, 1777, 1827 und 1830 enthielten. Neben diesen Dokumenten fand man noch 3 silberne sogenannte Teuerungsmedaillen aus dem Jahre 1772, auf welchen die Preise von Brot, Bier und Getreide von 1771 geprägt wurden. |
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Schmunzeln
mußten wir, als eine Fülle von kleinen Beizettelchen zum Vorschein
kamen, auf denen sich Handwerker. aber auch an den Reparaturen
Unbeteiligte verewigt hatten. Sämtliche Dokumente waren in tadellosen
Zustand und sie wurden dann von Herrn Fuhrmann im
Stadtgeschichtsmuseum mit großer Akribie übertragen. Da man sich
darauf einigte, die Originale wieder in den Knopf hinein zu tun,
wurden die alten Schriftstücke für das Museum und das Archiv
kopiert, wo sie sich besonders interessierte Bürger gerne ansehen können.
Um ganz Sicher zu gehen, ließen wir uns vom Papier- und
Buchrestaurator Herrn Kreienbrink in Erfurt beraten, welche
konservatorischen Maßnahmen am günstigsten seien, um alte wie neue
Dokumente optimal für die Nachwelt erhalten zu können. Die alten
Schriftstücke wurden mit der chemischen Substanz Nepagin-Alkohol
eingepinselt, welche Fäulniserreger abtötet. Sämtliche Dokumente
wurden in säurefreiem Papier eingewickelt und die neu hinzugekommenen
auf säurefreiem Papier geschrieben. Übrigens nicht handschriftlich,
sondern mittels elektronischer Schreibmaschine, da uns das zeitgemäßer
erschien. Zwei neuangefertigte Kupferhülsen wurden erhitzt und die
eingepinselten Dokumente noch feucht hinein gegeben, da sich in den Hülsen
dadurch ein optimales Klima bildet. Nachdem alles in den Hülsen
verstaut war, wurden sie von der Firma Herbert Energie- und
Umwelttechnik GmbH zugelötet. Es war schon ein merkwürdiges Gefühl
in diesem Augenblick, uns wurde bewußt. das das etwas nahezu
einmaliges war und wir dann längst nicht mehr auf der Welt sein würden,
wenn unsere Nachfahren über unser Geschriebenes schmunzeln. Jetzt möchte ich etwas zum Inhalt der alten Dokumente schreiben. Alle beinhalten eine Aufzählung des gerade regierenden Grafen oder Fürsten, der Bürgermeister, Kämmerer, Ratsbauherrn, Stadtschreiber, Geistlichen und Lehrer. Das älteste Schriftstück von 1633 fällt in die Zeit des 30jährigen Krieges. Wir erfahren, daß am 30. Oktober 1632 der Obrist Bönnighausen mit 24 Standarten Kriegsvolk in Arnstadt war, er fordert 2000 Reichstaler an Geld und für 1000 Reichstaler Proviant, falls seine Forderung nicht erfüllt wird, droht er mit Plünderung der Stadt. Es wird erwähnt, "daß der Archivdiakon Nicodemus Lappe mit Rath vndt that daß aller beste gethan vndt diese Stadt vor deß Feindes blünderung errettet hat..." Im gleichen Jahr befand sich der Schwedenkönig Gustav Adolf einmal 6 Tage und einmal 3 Tage mit 21 000 Mann Kriegsvolk in Arnstadt und Umgebung. Sein Hauptquartier hatte er im Schloß Neideck und von hier aus zog er mit seiner Armee nach Lützen, wo er am 16. November 1632 fiel. Im Dokument von 1659 finden wir eine interessante Mitteilung den Weinanbau betreffend. Arnstadt gehörte im Mittelalter zu den bedeutendsten Weinstädten Thüringens. Klimatische Veränderungen, vor allem aber die verheerenden Folgen des 30jährigen Krieges trugen zu dessen Niedergang bei. In dieser zeitgenössischen Darstellung heißt es: "Sonsten Hatt man von A(nno) 1650 hehr, des Lieben friedens, Gott Lob, in das Neunde Jahr bey guter gesundheit, vndt wolfeilen Zeit glücklich genoßen, nur das ein großer Geldmangel und in sehr vielen Jahren die Weinberge vmbgeschlagen vnd keinen Wein bracht, dadurch mannichen Hausvater große vnkosten Zugewachsen vndt viel Weinberge wüste worden..." 1759 werden Belagerung. Plünderungen, Durchmärsche und Einquartierungen während des Siebenjährigen Krieges beschrieben. 1777 erfahren wir von einer Reparatur, bei der die 80 Pfund schwere eiserne Fahne entfernt wurde, da sie durch Sturmwinde zur Seite gebogen war und eine Gefahr darstellte. Eine gedruckte Broschüre beschreibt die Feierlichkeiten bei der Vermählung des Erbprinzen von Schwarzburg-Sondershausen am 13. März 1827. Im letzten, auch umfangreichsten Schriftstück wird die Zeit der Napoleonischen Fremdherrschaft von 1806 bis 1813 beschrieben. Vor allem verwundete französische Soldaten wurden in Arnstadt einquartiert, unter ihnen brach der Typhus aus, der auch vielen Arnstädtern das Leben kostete. Im Zusammenhang mit dem bekannten Drei-Monarchen-Treffen in Dorn- heim im Oktober 1813, können wir lesen: "Kaiser Alexander von Russland war im Fürstlichen Schlosse abgestiegen, und Kaiser Franz von Oestereich übernachtete auf dem Guthe des Herrn Landkammerrath Schierholz zu Dornheim." |
Bild ganz oben
rechts: Aufsetzen der Turmhaube am 30. Mai 1992; |
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Neu hinzugekommen sind folgende
Dokumente: Eine Zeittafel zur Geschichte der Stadt von 704 bis 1977, dazu eine Ergänzung von 1978 bis 1991, ein Bericht über die Turmreparatur, ein Zustandsbericht der Stadt 1991/92, eine Chronik der deutschen Einheit, die Mappe des Neuen Forums - Arnstadt Herbst '89. Als Beilagen kamen dazu: Arnstädter Forum aktuell Nr. 3/90, das erste Amtsblatt der Stadt, 4 Zeitungen (Thüringer Allgemeine, Arnstädter Tagespost, der rote Arnstädter Anzeiger, und der blaue Anzeiger für Arnstadt), ein Faltblatt zur Ausgrabung "Walpurgiskloster", dann noch 5 Fotos von der Turmhelmabnahme, DDR-Münzen, ein kompletter Satz DM-Münzen, gespendet von der Deutschen Bank und eine Gedenkmedaille 725 Jahre Stadtrecht. |
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Andrea Kirchschlager (geb. Ziegenhardt) _______________________________ Quelle: "Aus der Vergangenheit von Arnstadt und Umgebung" - "Ein heimatkundliches Lesebuch (2)" Thüringer Geschichtsverein Arnstadt e.V. Arnstadt 1992 Fotos: Tuckerland-Archiv www.tuckerland.de |
Der oben stehehende Beitrag wurde übernommen aus der No.
72 der
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