Vom Wassergraben um Schloß Neideck in Arnstadt - eine historische Plauderei
Schloß Neideck in Arnstadt war ja bekanntlich von einem Wassergraben umgeben, der im Durchschnitt etwa 18 m breit war und dessen Konturen noch heute sehr gut zu erkennen sind. Mit dem Umbau der mittelalterlichen Burganlage zum Renaissance- Wasserschloß in der 2. Hälfte des 16. Jh. dürfte der Graben (der sich nach Westen hin auch um die Vorburg, das heutige Landratsamt, erstreckte und im weiteren Verlauf der Stadtmauer als vor gelagerter Stadtgraben diente) seine strategische Bedeutung im wesentlichen verloren haben.  „Spitteltürmchen und Weiße-Einlauf“

Gespeist wurde er von der sogenannten Kelle oder Stadtweiße, die am Schönbrunn entspringt und Jahrhunderte lang über ein Gerinne, welches über die Wilde Weiße führte, an der Brunnenkunst bei der Liebfrauenkirche in die Stadt eingeleitet wurde, dem Straßenzug An der Weiße folgte, die Erfurter Straße beim St. Georgs- Hospital (Spittel) querte, den dahinter gelegenen Spittelgarten durchfloß und durch eine bogenförmige Öffnung in der Stadtmauer beim sog. Spitteltürmchen, die heute noch vorhanden ist, in den Graben einlief. Der Ablauf erfolgte ebenfalls über eine Öffnung in der Nordostecke des Wassergrabens in den Mühlgraben . Noch 1859 muß im Graben soviel Wasser gewesen sein, daß eine zwischen der Schloßsüdseite und dem Vorwerk (Domäne) durch den damaligen Pächter Krieger neu angelegte Mahlmühle . „Öffnung für den Ablauf unter der Mühlgraben- Brücke nahe der Neideck“angetrieben werden konnte.[1]  

Ein Teilstück des Grabens vor dem Südflügel, u. a. die Fläche, auf der seit etwa 1910 die Neptungrotte steht, hatte man 1856 öffentlich zum Zufüllen freigegeben. Hier, am östlichen Durchgang im Südflügel der Vorburg, dem heutigen Landratsamt, hatte auch die Hauptwache gestanden, die auf einer Schützenscheibe von 1857 abgebildet war.[2] 

Für Sommer 1591 sind  Maurerarbeiten im Graben überliefert[3], die auch in nachfolgenden Jahren bei Bedarf immer wieder einmal nötig waren, da ja die äußere Grabenseite durch eine mehrere Meter hohe Mauer begrenzt war, während dies an der Grabeninnenseite durch die Schloßmauern erfolgte.  

Wurde Arnstadt einmal von einem Hochwasser heimgesucht, so konnte es passieren, daß auch der Schloßbereich mit dem Graben davon nicht verschont blieb. Das dürfte insbesondere dann der Fall gewesen sein, wenn die nördlich am Schloßgarten, damals noch in einem flachen, mäandrierenden Flußbett, vorbei fließende Wilde Weiße über die Ufer trat. In Arnstadts ältester Chronik aus dem Jahre 1701 können wir über ein solch schreckliches Ereignis nachlesen. Am 21. April 1592 richtete ein Hochwasser der Wilden Weiße große Schäden an Weinbergen, Wiesen, Äckern und Gärten, aber auch in den Wein- und Bierkellern des Schlosses an. Der Gottesacker, der heutige Alte Friedhof, wurde überschwemmt und die Kreuze von den Gräbern gerissen. Der Schaden war immens, man schätzte ihn auf die, für damalige Verhältnisse gewaltige  Summe von 15 000 Gulden![4] Am 26. April besahen sich Vertreter des gräflichen Amtes, aus welchen Gründen auch immer, die Wasserschäden in Erfurt.[5] Der Tagelöhner Hans Ölschläger mußte in den Kellern des Schlosses aufräumen helfen, „als das große Gewesser gewesen“.[6] Wohl im Zusammenhang mit dem Hochwasser erscheint die Anschaffung von Kähnen denkbar. Es waren drei, die sicher weniger herrschaftlichen Lustbarkeiten, denn dem Erreichen der unteren, äußeren Schloß- und Grabenmauern wohl für Kontrollzwecke dienten. Ein Kahn kostete damals 2 Gulden. Drei Kähne hatte man angeschafft, die auf die Teiche in Sondershausen und in den Arnstädter Schloßgraben kamen.[7] Im Juli 1593, wohl ebenfalls nach einem Hochwasser, mußte der Schloßgraben erneut vom Schlamm geräumt werden. Den Tagelöhner Andreß Öhlschlegern ließ man im Schloßgraben ein Loch durch die Mauer brechen, „dahin die Fluetrinne kommenn“.[8]  

Einen Nachweis über Fischbesatz des Schloßgrabens fand sich bislang erst für die Endphase des Schlosses. Am 10. Okt. 1708 verausgabte man unter „Fischerey“ 1 Gulden 3 Groschen für „Fischerlohn vonn beeden Schloßgraben“[9], wobei hier einmal der eigentliche Graben um das Schloß, zum anderen derjenige um die Vorburg gemeint sein könnte. Dagegen ist Fischbesatz für den mit Wasser gefüllten Teil des vor der Stadtmauer gelegenen Stadtgrabens im ausgehenden Mittelalter belegt.[10]  Rat und Propst erhielten diese Fische damals zu bestimmten Anlässen im Kirchenjahr. 

Beenden wir unsere kurze Plauderei mit einem Hinweis auf weiteres Wassergetier im Graben. Auf dem Stadtgemälde von Meister Wolf Kelner (?), das Arnstadt aus der Vogelperspektive von Osten her zeigt und wahrscheinlich 1579/80 entstand, ist zwischen dem Südflügel der Vorburg und der Etagenlinde ein längliches, niedriges Gebäude zu erkennen. Hierbei könnte es sich um eines der Enten- und Schwanenhäuser gehandelt haben, die in den Rechnungen öfter Erwähnung finden. Bereits 1533/34 ist von der Aufrichtung eines Schwanenhauses im Graben die Rede.[11] Ende 1594 gab man 8 Groschen für vier Karren Zimmerholz aus, die „Zu den Schwanenn vnnd/ Entten heusern im Schloßgraben“ kamen, also für deren Bau bzw. Reparatur „Weiße Schwäne im Wassergraben von Schloß Neideck“benötigt wurden.[12]  Ob auch Variante 2 des genannten Gemäldes von Wolf Kelner stammt, ist ungewiß- jedenfalls versäumte es der (oder die) Künstler nicht, auf beiden Gemälden im Stadtgraben schwimmende, weiße Schwäne darzustellen. (hier Abb. „Weiße Schwäne im Wassergraben von Schloß Neideck“). Daß man diese majestätischen Wasservögel von Zeit zu Zeit anschaffte, geht aus der Rechnung von 1605/06 hervor. Danach hatte man diese in den Schloßgraben nach Arnstadt gebracht und außerdem noch 7 Groschen „vor Zwo weiße/ Endten vfn Schloßgraben“ verausgabt.[13] Dem Zimmermann Nicolaus Arnolden zahlte man am 18. Februar 1707 4 Gulden „Von 5 Entenhäußern im Schloßgraben zumachen“.[14]  

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[1] Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt, Bestand Stadt Arnstadt, Sig. 634-04: „Die von Herrn Kammerrath Krieger hier beabsichtigte Anlage eines Mühlwerks im alten Schloßgraben hier“, 1859.
[2]
Farbige Abbildung in: Alt-Arnstadt, 12. Heft. Arnstadt 1939, S. 1.
[3]
Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Rechnungsbestand, Amtsrechnung Arnstadt-Käfernburg Michaelis 1590-Michaelis 1591, Bl. 54 RS (im folgenden: ThStAR, AR Arn-Käf. ...).
[4]
Olearius, J. C.: Historia Arnstadiensis. Arnstadt 1701, S. 313.
[5]
ThStAR, AR Arn.-Käf. Michaelis 1591-Michaelis 1592, Bl. 48 RS.
[6] A. a. O., Bl. 49 VS.
[7]
A. a. O., Bl. 48 RS.
[8]
ThSTAR, AR Arn.-Käf. Michaelis 1592-Michaelis 1593,  Bl. 62 VS, 63 VS.
[9]
ThSTAR, Renterei-Rechnung Arnstadt 1708/09, Bl. 29 VS (im folgenden: ThSTAR, RentR ...).
[10]
Bühring, J.: Geschichte der Stadt Arnstadt 704-1904. Arnstadt 1904, S. 113.
[11]
ThSTAR, AR Arn.-Käf., ohne Blattangabe.
[12]
ThSTAR, AR Arn.-Käf. Michaelis 1594-Michaelis 1595, Bl. 76 RS.
[13]
ThSTAR, AR Arn.-Käf., Bl. 45 VS, 46 VS.
[14]
ThSTAR, RentR 1706/07, Bl. 108 RS.


Peter Unger

 Der oben stehehende Beitrag wurde übernommen aus der No. 72 der
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